Meine Schlaganfälle
Das kann ihnen jeden Tag wieder passieren – Das sagte der praktische Arzt zu mir, natürlich hatte ich ihn nicht danach gefragt und ich wollte es auch nicht wissen, denn wenn kommt es einfach auf mich zu.

Der 1. Schlaganfall
Ich war außer Betrieb, das hieß mein Leben hatte sich komplett verändert. Ich ging nicht mehr arbeiten, mein schöner Beruf des Qualitäts- und Umweltmanager, Organisation und Kultur war weit weg und ich dachte nicht einmal an ihn. Ich dachte auch nicht an mein privates Leben. Alles war reduziert auf überleben und irgendwie leben.
Ich war im Spital und es störte mich nicht, normalerweise hätte ich im Spital die Panik bekommen, aber jetzt war es mir egal.
Mein Leben bestand aus dem Schlafen, dem Essen, den Untersuchungen und ich versuchte jeden Tag zu müssen, „denn Stuhlgang ist wichtig“, sagten die Krankenschwestern.
Irgendwie verging der Tag, auf der Intensiv Station, mit vielen Kabeln an meiner Brust. Durch die Beruhigungsmedikamente, bekam ich nicht mit was mit mir passierte. Ich war ruhig gestellt, nur die Besuche meiner Familie bekam ich mit. Eigentlich konnte ich mich an diese Zeit nur vage erinnern.
So begann es
Eigentlich waren wir beide, meine Tochter und ich, auf dem Weg zur Arbeit, weil mir aber sehr schwindelig wurde, fuhren wir zuerst zum Arzt.
Meine Tochter arbeitete neben dem Studium, einen Tag in der Woche bei der selben Firma wie ich. Gerade an diesem Tag fuhren wir zusammen in die Firma, sie war mein Schutzengel.
Zum Arzt ging ich überhaupt nie. Ich war schon sehr lange nicht mehr bei einem Arzt, aber an diesem Tag ging ich ganz freiwillig. Irgendwie wusste ich, jetzt musste es sein, ich brauchte Hilfe.
Der junge Arzt der aushalf, da mein Hausarzt Urlaub hatte, gab mir eine Spritze, ich glaubte gegen einen Herzinfarkt und schickte mich mit meiner Tochter ins Spital. Er wollte nicht auf die Rettung warten, da es so dringend war.
Die Fahrt mit meiner Tochter in den Spital, bekam ich nur mehr sehr ungenau mit. Ich bemerkte nur, dass ich ganz schief im Autositz hing. Reden war kein Problem.
Ich weiß heute, es war nicht gut, ohne Rettung zu fahren, meine Tochter hatte ziemliche Schwierigkeiten mich zur richtigen Stelle, im Spital zu bringen.
Ich war zwar nicht bewusstlos, aber nach der Injektion bekam ich nur sehr wenig mit. Davor ging es mir noch recht gut, nur der Schwindel. Auf alle Fälle konnte ich, meiner Tochter nicht helfen, sie war ganz alleine auf sich gestellt und sehr tapfer.
Sie fuhr mit meinem Auto, 20 Minuten zum Krankenhaus und da, gleich auf die Rettungszufahrt. Sie bekam von einem Feuerwehrmann, der zufällig dort stand, einen Rollstuhl, sonst half ihr niemand.
Im Krankenhaus wollten die Angestellten, dass sie sich anstellte, um mich anzumelden, aber sie fuhr einfach weiter, bis zur Notfallstelle. Wo mir dann sofort geholfen wurde.
Meine Tochter musste draußen warten und erhielt nur sehr wenige Informationen. Erst als sie mich schon in die Überwachungsstation, der Neurologie gebracht hatten, sagten sie ihr, dass es ein Schlaganfall gewesen sein könnte. Sie durfte nicht zu mir.
Ich kann nicht sagen, wie lange meine Tochter wartete, bis sie endlich Bescheid bekam.
Es tut mir sehr leid, dass mein Kind das alles durchmachen musste. Es war ein ziemlicher Schock und hätte manche umgehauen, aber meine Tochter mit ihren 26 Jahren war so toll, ließ mich nie alleine und kämpfte gegen die Bürokratie wie ein Löwe.
Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. Jährlich erleiden etwa 20.000 Österreicher erstmals einen Schlaganfall und unter 1.000 Einwohnern einer Gemeinde leben etwa 8 Personen, die an den Folgen eines Schlaganfalls leiden. Somit ist der Schlaganfall die häufigste Ursache für eine schwere Behinderung im Erwachsenenalter. Die meisten Schlaganfälle treffen ältere Menschen über 70, Schlaganfälle können aber auch im jungen Erwachsenenalter und – selten – sogar im Kindesalter vorkommen.
Das Gehirn ist in Hinblick auf unsere „menschlichste“ Leistung das wichtigste Organ, aber gleichzeitig ist es im Vergleich zu allen anderen Organen am meisten durch eine Verringerung der Durchblutung in seiner Existenz bedroht. Bei Störungen der Blutzufuhr – und nichts anderes ist ein Schlaganfall – sind Gehirnzellen im Kerngebiet der Durchblutungsstörung innerhalb von Minuten vom Absterben bedroht, in der Umgebung dieses Kerngebietes innerhalb von Stunden. Bedenkt man, dass wir mit dem Gehirn nicht nur Bewegung steuern, sondern dass auch Fühlen, Denken, Erinnern und viele andere komplexe Leistungen im Gehirn geschehen, gibt es in einer solch bedrohlichen Situation wohl nichts Dringenderes, als dieses Organ zu schützen.
In einem Blutgefäß, das zum Hirn führt oder innerhalb des Hirns verläuft, kommt es zu einem plötzlichen Verschluss und dadurch zum Sauerstoffmangel in der angeschlossenen Hirnregion. Dieser Verschluss kann zum Beispiel durch einen Blutpfropfen (Thrombose) verursacht werden, der an der Gefäßwand anhaftet und durch sein Wachstum das Gefäß plötzlich ausfüllt und blockiert. Zum anderen kann dieselbe Wirkung auch durch einen Blutpfropfen, der von der Gefäßwand einer Halsarterie oder von der Herz Wand losgerissen wurde und in das Gehirn eingespült wird (Thromembolie), erzielt werden. In beiden Fällen kommt es zur Blockade des Blutflusses in einer Hirnregion. Damit ist das nachgeschaltete Gewebe von Sauerstoffmangel bedroht und die Nervenzellen sterben ab. Die Folge ist ein Gewebsuntergang (Hirninfarkt). Die sichtbaren und spürbaren Folgen sind von der Lokalisation der Durchblutungsstörung abhängig und Ausdruck dessen, dass das Gehirn in seinen unterschiedlichen Regionen unterschiedliche Aufgaben wahrnimmt. So ist ein großer Teil des Stirnhirns für die Motorik zuständig, der Schläfenlappen (zumeist auf der linken Seite) für das Verstehen von Sprache und ein Teil des Hinterhauptlappens für das Sehen.
Beschreibung der ÖGSF – Österreichische Gesellschaft für Schlaganfall-Forschung
Prim. Univ. Prof. Dr. Wilfried Lang
Vorstand der Neurologischen Abteilung im KH Barmherzige Brüder in Wien
Ich wurde in die Intensiv Station gebracht, wo ich zwischen lauter Männern landete, weil kein Platz bei den Frauen frei war. Da ich es gewohnt war, mit Männern zu arbeiten, fiel es mir nicht schwer unter lauter Männern zu liegen.
Ich wurde an drei verschiedene Kabel angeschlossen und bekam eine Infusion. Ich hatte leichte Probleme mit dem rechten Fuß und es war mir noch leicht schwindelig aber nicht mehr so arg.
Es ging mir also eigentlich ganz gut. Ich konnte noch ganz gut ins Bad gehen. Ich wurde nur bis zur Tür begleitet.
Ich telefonierte auch mit meinem Kind und meinem Mann. Ich sagte noch zu ihm: „es ist mir ganz klar, dass du heute nicht kommen kannst.“ Er war noch in Slowenien auf Geschäftsreise.
Es war alles gut und ich konnte alle am Telefon beruhigen.
Es war der 13. Februar 2008 ein Mittwoch.
Dieter: Ich war an diesem Tag in Slowenien, als unser Kind anrief und mir sagte, dass sie mit Mama in das Krankenhaus gefahren war. Nachmittag rief sie wieder an und sagte mir, dass Mama wahrscheinlich einen Schlaganfall gehabt hatte, so sagten die Ärzte. Sie waren aber auch noch nicht sicher. Es ging ihr aber den Umständen entsprechend gut, es war nur das rechte Bein leicht gestört, aber sie konnte gehen und hatte sonst keine Probleme.
Es war als hätte mich eine Keule getroffen, ich wollte bei ihr sein, ihr helfen aber ich war so weit weg, sieben lange Stunden.
Am nächsten Tag Donnerstag kam meine Familie, es war zwar schön, aber irgendwie war es auch egal. Damals war mir nicht klar, dass ich ruhig gestellt worden war.
Von meinem Kind bekam ich einen kleinen gelben Bären mit einer Blume in der Hand, er sollte auf mich aufpassen.
Am Freitag in der Nacht, hatte ich die zweite Phase meines Schlaganfalls. Ich bemerkte nichts, ich schlief tief dank der Medikamente die ich bekam.
In der Früh konnte ich meinen rechten Arm, das rechte Bein und die rechte Seite nicht mehr bewegen. Der Mund und damit das Reden, funktionierte nicht mehr sonderlich gut und das rechte Auge war stark eingeschränkt, ich sah nicht mehr gut.
Das einzige was noch einigermaßen funktionierte, war das Denken und mein Gesicht sah so aus wie immer. Gott sei Dank.
Ich hatte wieder Glück. Ich hätte auch Tod sein können. Das war kein Glücksgefühl mit einem breiten Grinsen, das war Freude, dass ich am Leben war und es bemerkte.
Ich konnte nicht mehr gut sprechen. Ich sprach zwar aber für andere sehr schwer verständlich, aber ich bekam wenigstens die richtigen Worte heraus. Das war gar nicht so üblich.
Bei der Reha (4 Wochen später) war eine 45 jährige Frau meine Zimmer Nachbarin. Sie sprach deutlich, aber sie erwischte immer ein komplett anderes Wort und war nicht zu verstehen.
Eine Therapeutin erzählte mir, dass es oft vorkam, wenn die rechte Seite durch den Schlaganfall betroffen war, dass man die Wörter nicht mehr fand.
Ich freute mich, dass ich einigermaßen reden konnte.
Ganz besonders schlimm fand ich, dass ich nicht mehr das Passwort von meinem Handy eingeben konnte, obwohl ich die richtigen Zahlen tippte ging es nicht. Dieter schaute mir dabei sogar zu, aber es ging nicht. Ich war verzweifelt, weil mein einziges Mittel zur Kommunikation und die Verbindung zur Außenwelt, nicht mehr funktionierte.
Nach zwei Wochen, bemerkte ich meinen Fehler, ich drückte einfach zu lange auf die richtigen Tasten, dadurch hatte ich dann Großbuchstaben und damit war der Code falsch.
Was kann ich und was nicht:
- Denken, aber ich war langsamer.
- Reden, ich rede zwar aber ich war kaum zu verstehen, aber ich fand die richtigen Worte. Nur die Aussprache war sehr schlecht.
- Sehen, ich sah mit dem rechten Auge sehr schlecht.
- Gehen, konnte ich nicht, weil mein rechtes Bein nichts machte. Es bewegte sich nicht. Was sehr komisch war.
- Rechte Hand, bewegte sich nicht, sie war wie ein Fremdkörper.
Dieter: für mich war es fürchterlich, zusehen zu müssen und ihr nicht helfen zu können. Immer musste ich fröhlich sein damit sie nicht bemerkte wie nahe mir das ging. Als ich ihr in der ersten Woche, einen Kuss zur Begrüßung gab, sagte sie: „du bist nicht gut rasiert.“ Da wusste ich, sie wird wieder gesund.
Samstag nach dem Besuch von Dieter, gab es Abendessen, ich saß am Bett mit den Füssen nach draußen und aß. Das Bett war sehr hoch, ich reichte nicht mit den Füssen auf den Boden.
Dann fiel ich.
Wie das ging und warum, wusste ich nicht. Ich kam am Boden wieder zur mir.
Ich lag dort und weinte vor lauter Schreck, Schmerzen fühlte ich keine. Die beiden Schwestern kümmerten sich sofort um mich. Auch der junge Arzt der immer da war. Ich weiß nicht wann der schlief, aber er war für mich immer da. Jeden Tag sah ich ihn und er sah nach mir.
Nach dem Sturz, kam ich wieder in die Tomografie Röhre. Da waren vier Ärzte um zu sehen, ob ich wieder einen Schlaganfall gehabt hatte.
In die Röhre kam ich am ersten Tag, das zweite Mal nach der zweiten Phase in der Nacht und nun das dritte Mal.
Die Ärzte fanden es sehr lustig, was mir passiert war und rissen blöde Scherze. Ich konnte mich nicht wehren, nur still dort liegen und alles über mich ergehen lassen. Durch meine schlechten Aussprache, konnte ich nichts sagen. Aber an diesem Tag schwor ich mir, wenn ich wieder ordentlich sprechen könnte, würde ich mich immer wehren.
Es war nichts gebrochen, die Kieferknochen waren nur angeknackst, also musste ich nicht operiert werden. Mehr erfuhr ich nicht.
Ich freute mich, es war mir nicht viel passiert.
Bis ich nach einem Tag in den Spiegel blickte. Die ganze rechte Seite des Gesichts war blau und grün, später wurde es dann gelb. Ich sah furchtbar aus. Auch am Körper hatte ich einige Blessuren. Das war die dritte Phase meines Schlaganfall.
Dieter kam sofort, die dreißig Kilometer, nochmals ins Krankenhaus, um mich zu trösten.
Ich weiß nur durch Erzählungen von meiner Familie, dass meine plötzliche Krankheit für alle schlimm war. Meine Familie traf es ganz besonders, weil sie alles aus nächster Nähe miterlebte.
Dieter war jeden Tag bei mir im Spital, tröstete und beschützte mich. Ich fühlte mich geborgen bei ihm, er passte wie eine Glucke auf mich auf.
Meiner Tochter kämpfte um mich. Das erste Mal als sie mich ins Krankenhaus brachte und dann wenn ich traurig war. Sie half mir, durch lange Gespräche ,aus meine Tiefs.
Mein Vater war ganz fertig, er rief Dieter jeden Tag an.
Meine Mutter konnte es überhaupt nicht verkraften, was mit mir war.
Ich dachte, weil sie noch Schuldgefühle mit sich rumschleppte, von damals als sie uns Kinder (3, 9 und 14 Jahre) einfach verließ und drei Jahre nichts von sich hören ließ.
Durch meine Krankheit wurde meine Ehe noch toller. Das ist für mich Glück.
Ich kam nach 5 Tagen in ein neues, normales Zimmer, keine Kabel mehr und nicht pausenlos überwacht. Auch der junge Arzt, der so nett auf mich aufgepasst hatte, kam leider nicht mehr jeden Tag. Das war schade, weil ich mich bei ihm gut aufgehoben gefühlt hatte.
Ich hatte nun, nur eine Mitpatientin, nicht mehr fünf Männer, weil ich auf Klasse lag, aber irgendwie war das die einzige Vergünstigung die ich als Klassenpatient bekam.
Die Zusatzversicherung bezahlte mein Arbeitgeber, alle Firmenmitglieder bekamen die.
Die Ärzte die zur Visite kamen waren stolz darauf, dass die Leute mit Klasse nicht bevorzug behandelt wurden. Darüber sprachen sie untereinander, aber so laut, dass ich es gut mithören konnte.
Die Benachteiligungen waren. Die Visite kam immer als letztes oder gar nicht, zu den Klassepatienten. In einer Woche kam die Visite zu mir maximal drei Mal, zu allen anderen jeden Tag. Ich bekam nicht einmal eine Erklärung, was mit mir passiert war und wie es weiter gehen wird.
Ich bekam dann auch einen Rollstuhl und Dieter fuhr mit mir manchmal am Gang spazieren.
Mit Hilfe des Rollstuhls kam ich zum Waschraum, aber nur vor die Tür. In das WC kam ich nur wenn ich auf einen anderen schmaleren Rollstuhl gesetzt wurde, damit kam man überhaupt erst durch die schmale Tür, in das Bad.
Die Krankenschwestern mussten mich mit viel Kraft in das Bad schieben, weil der Boden sehr holprig und uneben war.
Das war für ein neu gebautes Krankenhaus, wie ein Streich der Schildbürger.
Dann kam ich wieder in ein anderes Zimmer. Dort war eine ganz junge nette Frau, die zwei Tage im Krankenhaus blieb. Die folgende ältere Dame war sehr anstrengend, sie sprach sehr viel und hatte ein einziges Thema, das war sie. Die Tage vergingen irgendwie und ich wurde wieder verlegt.
Das erste was ich nach ca. 7 Tagen dem Arzt sagte, ich wollt nicht mehr ruhig gestellt werden. Ich wollte wieder bemerken was mit mir und um mich her passierte. Wenn ich traurig war wollte ich traurig sein dürfen und weinen. Ich wollte das Leben wieder spüren. Ich wollt leben. Natürlich kamen die Gedanken, kam die Panik und bemerkte ich meine Unzulänglichkeit. Aber ich lebte.
Was kann ich und was nicht:
- Denken, mir fielen zwar manchmal Wörter nicht ein, aber das war nicht schlimm.
- Reden, ich redete zwar aber ich war kaum zu verstehen, aber ich fand die richtigen Wörter. Nur die Aussprache war sehr schlecht.
- Sehen, ich sah mit dem rechten Auge sehr schlecht.
- Gehen, konnte ich nicht, weil mein rechter Fuß nichts machte. Er bewegte sich nicht.
- Rechter Arm, bewegte sich nicht, er war wie ein Fremdkörper.
Ich bekam Spritzen gegen Diabetes
Ich glaubte ganz fest, dass es besser wird. Aber wenn ich alleine war kamen die Gedanken.
Dieter besuchte mich jeden Tag. In der ersten Woche nahm er sich Urlaub, dass er lange bei mir sein konnte. Ich genoss es sehr, aber mir war zu diesem Zeitpunkt nicht klar, wie viel Kraft ihn das kostete. Ich war einfach glücklich, dass er da war.
In der zweiten und dritten Woche war meine Mutter da. Sie war Hausfrau und konnte sich frei machen. Wir hatten sie nur gefragt und nicht bedrängt. Ich war froh, dass sie kam. Dieter musste ja arbeiten.
Einmal in meinem Leben ab 14 Jahren, wünschte ich mir, dass sie für mich da sein sollte. Denn sonst hatten Dieter, ich und mein Vater immer alles alleine geschafft.
Als sie vor fünf Jahren, so sehr krank war, kümmerten wir uns auch um sie und sagten sogar unseren Urlaub nach Tunesien, drei Tage vor dem Abflug ab, um für sie da zu sein.
Ich war 14 Jahre, als sie unsere Familie verließ, wir hörten nichts mehr von unserer Mutter.
Als ich 19 Jahre war, suchte ich sie und fand sie wieder verheiratet in einem kleinen Dorf.
Sie sagte nie etwas zu mir, aber nach zwei Wochen fuhr sie nach Hause, sie hatte sicher auch ihre Kraft verbraucht.
Mir ging es nach 3 Wochen schon recht gut und ich war glücklich darüber.
Meine Kollegen aus der Firma waren sehr nett, ich bekam viele Karten zur Besserung. Von der Geschäftsleitung bekam ich einen schönen Blumenstrauß. Von Karin und Gerald bekam ich zwei Hörbücher. Einmal von Coelho und ein Krimi vom Manker. Das war gerade richtig für mich, den ich konnte nicht so gut lesen, wegen meines schlechten rechten Auges.
So konnte ich mich beschäftigen, denn in der Zwischenzeit bekam ich keine Beruhigungstabletten mehr und ich bekam wieder alles mit.
Das zweite wichtige Instrument war mein Black Berry von der Firma, mit dem man auch super Mails schreiben konnte. So fing ich an mein Tagebuch zu schreiben. Das funktionierte auch mit der linken Hand recht gut. Es war sehr wichtig für mich, dass ich Tagebuch schrieb, denn so verarbeitete ich die vielen Ereignisse.
Mein Chef erzählte mir, als ich im Krankenstand die Firma besuchte, dass er in der Zeit seiner Krankheit auch Tagebuch schrieb. Er war ein Jahr von der Firma weg, denn er hatte einen ganz schrecklichen Unfall. In der Reha traf er einen Mann, der sich über sein Tagebuch lustig machte. Dieser Mann beging noch in der Reha Selbstmord. Natürlich konnte man nicht sagen, wenn er Tagebuch geschrieben hätte wäre er noch am Leben, aber es hilft wirklich sehr, alles aufzuschreiben.
Bei der Visite, sagten die Ärzte immer wieder zu mir, bewegen sie doch einmal die Finger der rechten Hand, als ob sie glaubten, dass ich schummelte. Da die Stelle, die vom Schlaganfall betroffen war, so klein war, wie ein Daumennagel.
Zu dieser Zeit, kam es mir vor, als ob mein ganzer rechter Arm, nicht zu mir gehören würde. Als ich ihnen dann zeigte, dass sich nichts bewegte, gingen sie wieder.
Eigentlich dachte ich, sie wüssten aus der Diagnose mehr über meine Krankheit, mir erklärten sie nichts und sprachen auch nicht mit mir. Ich konnte nicht gut sprechen, daher versuchte ich nicht mit ihnen zu reden.
Ein anderes Mal, bei der Visite, redeten sie miteinander über mich, als ob ich nicht anwesend wäre, sie dachten wahrscheinlich ich verstehe nichts, weil ich ja auch nicht oder nur sehr schlecht sprechen konnte. Sie sagten wieder nur, weil wer auf Klasse liegt, wird er nicht besser behandelt und darauf waren sie stolz.
Ich siedelte vom 6. in den 7. Stock in die Reha Abteilung. Der größte Unterschied war, dass ich den ganzen Tag im Rollstuhl saß und nicht mehr im Bett lag. Ich war froh. Ich las wieder, zwar ziemlich mühsam, da ich nur die halbe Seite meines Lesestoffes sah, aber ich las.
Ich hatte bis 15 Uhr Physio-, Ergo- und Logotherapie. Ich musste alles neu lernen, gehen, sprechen und die rechte Hand bewegen. Am schnellsten ging das Sprechen, ich machte täglich große Fortschritte. Meine Zunge wurde schön langsam lockerer und ich war wieder einigermaßen zu verstehen.
Das fand ich besonders wichtig, weil ohne gute Sprache wird man nicht ernst genommen.
Ich war stolz auf jede Kleinigkeit, die ich wieder konnte und ich freute mich darüber. Das ist auch heute noch so. Obwohl die Ärzte mir sagten nach 3 Jahren ist es aus, da ändert sich nichts mehr. Es wurde immer noch besser nach 4 Jahren, weil ich kämpfte.
Ich konnte mich lange nicht damit abfinden, behindert zu sein und wie die anderen Menschen damit umgingen. Nicht alle, aber sehr viele, versuchten, wegzusehen und mich nicht zu bemerken.
Aber das schlimmste war noch im Krankenhaus, ich sprach nicht gut und einige Krankenhaus Bedienstete redeten mit mir, als wäre ich blöde. So eine kindische Pseudo Sprache.
Ich hatte nie, mit meinem Kind so gesprochen, auch nicht als sie noch ein Baby war.
Dabei war nur mein Rachen gelähmt. Ich fand das so erniedrigend, dass gerade das Personal im Krankenhaus sich so benahm, denn die sollten es besser wissen.
Die Physiotherapie mit der Chefin der Therapeuten und der anderen Frau war sehr gut, aber die Praktikantin war unbeholfen, sie interessiert sich nicht wirklich für die Therapien und mich. Sie probierte nur aus wie die Griffe gehen könnten, die sie gelernt hatte. Sie benötigte das natürlich für ihr Studium, aber ich fühlte mich nicht wohl dabei. Ich war krank und wollte gute Behandlungen die mir halfen.
Bei der Ergo Therapie war auch eine junge Frau, die irgendeine Arbeit schrieb. Dafür nahm sie auch mich als Versuchsobjekt und machte viele Fotos. Ich war sauer weil ich mir wie ein Versuchskaninchen vorkam und sage es auch der Chefin.
Das war ein neuer Zug an mir, ich ließ mir nichts mehr gefallen, es ging schließlich um meine Gesundheit.
Wenn es um meine Familie ging, konnte ich mich heftig wehren, aber wenn es um mich ging, gab ich früher meistens nach.
Nachdem ich mit der Chefin meine Probleme besprochen hatte, versprach sie mir, dass ich mit keiner Praktikantin mehr zusammen kommen würde. Nicht einmal zu meinem Zimmer, durfte die Praktikantin mich mit dem Rollstuhl bringen.
Die junge Dame von der Ergo Therapie, kam zu mir und erklärt mir was sie therapeutisch machen wollte, dass es für mich Vorteile hatte, da sie mehr Stunden machen konnte. Die Fotos waren nur am Beginn notwendig. Wir einigten uns und ich machte bei ihrer Studie mit. Sie war doch nicht so jung (28 Jahre) und vor allem keine Praktikantin. Mit ihr wurde es in der Therapie noch ganz toll und ich mache mit der Hand, sehr gute Fortschritte.
Am besten war die Logo Therapie. Ich machte jeden Tag Fortschritte, meine Sprache besserte sich täglich. Was ich am Vortag noch nicht konnte, gelang mir am nächsten Tag (ohne zu üben -wie die Therapeutin dachte) ganz leicht.
Was kann ich und was nicht:
- Denken, mir fielen zwar Wörter nicht ein, aber dann verwandte ich ein ähnliches, dass das gleiche aussagt. Ich Dachte schneller.
- Reden, ich redete nicht mehr so undeutlich, man verstand mich schon wieder.
- Sehen, ich sah schlecht, nur die Hälfte vom rechten Auge.
- Gehen, konnte ich nicht, weil mein rechter Fuß nichts macht. Er bewegte sich nicht.
- Rechte Hand, ich konnte ganz wenig, den rechten Arm bewegen, nicht die Hand.
Ich wusste es wurde besser, aber wenn ich alleine war, kamen die Gedanken und ich wurde traurig.
Ich dachte noch immer nicht an meinen Beruf, den ich sehr liebte.
Dieter: als ich auf Besuch war und sie sagte „du bist heute nicht rasiert“ wusste ich, dass es wieder bergauf ging. Ich freute mich.
Das normale Familienleben, war komplett eingeschränkt. Den Haushalt ordentlich zu machen, klappte natürlich gar nicht. Wenn Dieter nicht arbeitete, war er bei mir im Spital. Nur das notwendigste wurde gemacht.
In der zweiten Woche Krankenhaus kam Mutter von ihrem Bauernhof herunter und wohnte bei meiner Familie. Sie besuchte mich täglich. Sie wollte das so! Zumindest, sagte sie es zu mir.
Ich erfuhr nach dem 4 wöchigen Krankenhaus Aufenthalt folgendes.
Sie redete mit meiner Familie zu Hause nur das Notwendigste und machte auch sonst nichts, obwohl viel zu tun gewesen wäre, da ich ja doch fehlte. Wenn sie vom Krankenhaus kam, verschwand sie nach dem Essen immer in ihr Zimmer und wurde erst wieder beim Frühstück gesehen. Auch wenn man annahm, dass sie müde vom Krankenhaus war, wäre es für alle besser gewesen, über das was passiert war, zu reden.
Ich wusste, dass sie Dieter nie akzeptierte, sie hatte ihn ja nicht für mich ausgewählt, aber zu der Zeit war sie ja verschwunden und ich konnte sie nicht einmal zur Hochzeit einladen, da ich nicht wusste wo sie war.
Aber ich dachte, in der langen Zeit unserer Ehe (33 Jahre) hätte sie ihn wenigstens gebilligt.
Mutter zeigte eine riesige Abneigung, gegen meine Familie, die in Meldungen gipfelte wie,
„schlägst du deine Frau?“
„wenn es ihr nicht gut geht, geh ich auf die Barrikaden“
Sie sah nicht wie liebevoll sich meine Familie um mich kümmerte, sie bemerkte nicht wie sie sich um mich sorgten. Außerdem wusste sie nichts über uns, sie hatte keine Ahnung wie sehr wir uns liebten. Sie verlies uns Kinder und ließ sich von ihrem Mann scheiden, aber warum wir Kinder nichts mehr von ihr hörten, fand ich nie heraus.
Ihre Meinung, die können nur schlecht für Monika sein, sonst wäre der Schlaganfall nicht passiert.
Sie sah nur meine Krankheit, die für sie ganz arg war.
Sie, als selbsternannte Heilerin, sollte mich ja wieder gesund machen können. Aber der Mann und die Tochter, sie waren böse, daher wirkte ihre Heilkraft nicht.
Meine Empfindungen waren, ich war froh, dass ich noch lebte und es mir ganz gut ging. Nicht wie vielen anderen Schlaganfall Patienten, denen es noch viel schlechter ging.
Das Gefühl „Liebe“ war für mich so ähnlich wie das Gefühl „Glück“, dieses schöne weite Gefühl, Liebe breitete sich im ganzen Körper aus. Es war schön zu lieben.
Und ich liebte mein ganzes Leben, meinen Mann, mein Kind (wir sagten uns, unaufgefordert jeden Tag, dass wir uns liebten), meinen Vater und meine Freunde. Eigentlich sehr viele Menschen.
Anmerkung: Liebe ist das stärkste positive Gefühl, dass ich kenne und jeder Mensch sollte lieben.
Es ist komisch, aber man muss nicht auf die einzige große Liebe warten. Es genügen viele kleine Lieben. Sein Kind, seine Familie, eine Freundschaft, ein Tier, usw.
Alle diese kleinen Lieben, ergebe dieses wunderbare Gefühl. Man muss es nur bemerken.
An dem Tag als Vater und meine zwei Schwester zu mir auf Besuch kamen, sagte meine Mutter sie könne nicht mit Vater zusammentreffen. Darum blieb sie zu Hause, sie wollte Vater nicht begegnen, sie sagte immer noch, wie böse er ist. Ich habe nie mitbekommen, dass er sie schlug, auch nicht viele Streitereien.
Sie konnte, nach 37 Jahren (nach der Scheidung) noch nicht darüber reden. Ich weiß nicht, was wirklich passiert war, aber ich wusste, dass sie in ihrer Ehe viele Liebhaber hatte.
Das erfuhr ich, als ich einmal mit meiner Mutter spazieren ging, da war sie noch zu Hause.
Ich war 12 Jahre alt. Ich weiß nicht warum, aber ich fragte sie aus heiterem Himmel: „hast du einen Freund?“
Meine Frage überraschte mich mehr, als sie.
Als sie dann mit „ja“ antwortete, war ich entsetzt.
Ab diesem Tag, wurde ich zum Mitwisser, denn ich durfte ja niemand etwas sagen. Ich wusste jetzt immer, dass ein Freund dahinter steckte, wenn sie vorgab Kopfschmerzen zu haben, damit sie nicht mitgehen musste. (zB.: zu meiner Firmung und zu vielen anderen Gelegenheiten).
An diesem Tag, als mein Vater und meine Schwestern mich besuchten, war sie mit meinem Tochter shoppen, um nicht in das Krankenhaus zu müssen.
Meine Kind jammerte sie an, sie sei ja sowieso unnötig und sie kann ja gleich nach Hause fahren. Dazu wollte sie aber natürlich, die zwei Stunden, nach Hause gebracht werden. Dafür hatte aber niemand Zeit. Sie blieb dann zwei Wochen und dann holte sie ihr Sohn, mein Halbbruder ab und brachte sie nach Hause.
Ich bekam zum Zeitpunkt ihres Besuches, nichts mit, keiner sprach über das was zu Hause passierte. Ich wurde beschützt.
Ich denke, meine Mutter war krank, sie sah Ding voraus, die sie nicht wissen konnte, aber für sie waren diese Eingebungen alle wahr. Es war wie wenn jemand viele schlechte Träume hat, nur für sie waren es Realitäten. Sie war laut ihrer Definition eine Seherin. Sie sah, dass meine Familie schlecht zu mir war.
Auf die Idee, dass ich gut aufgehoben war und wenn mir etwas nicht passen würde, ich mich behaupten würde, kam sie nicht.
Das mit meiner Mutter tat mir leid. Ein Jahr, nach meiner Krankheit, ich versuchte ihr am Telefon immer wieder zu erklären, dass es mir gut geht und sie nicht immer auf meinen Mann und meine Tochter schimpfen sollte.
Gab ich es auf, wir hatten keinen Kontakt mehr.
In der zweiten Woche, am Wochenende, durfte ich vom Krankenhaus nach Hause. Ich hatte so etwas wie Urlaub. Von Samstag in der Früh, bis Sonntag am Abend und es war sehr schön. Dieter war ganz aufgeregt, wenn er gekonnt hätte, wäre er noch frühe als sieben Uhr gekommen und hätte mich geholt.
Unsere Hündin freute sich sehr, sie sprang gleich auf meinen Schoß, im Rollstuhl.
Es war ganz komisch im Rollstuhl sitzend zu Hause zu sein. Aber weil ich zu Hause sein durfte, war mir alles recht. Das Wetter war noch kalt und windig es war Anfang März. Dieter kümmerte sich liebevoll um mich, er gab mir auch alle Spritzen. Am Sonntag musste ich wieder einrücken. Am nächsten Samstag durfte ich wieder nach Hause.
Im Krankenhaus, besuchten mich Andi und Christof, zwei Kollegen. Sie blieben lange bei mir, das war schön. Wir plauderten viel. Auch über Qualitätssicherung, meinen Beruf. Das war das erste Mal, dass ich an den Beruf dachte. Es fiel mir alles wieder ein und es war schön.
Ein Kollege aus dem Außendienst, besuchte mich, er war schockiert, da er nichts von meinem Schlaganfall wusste und nur zufällig in diese Abteilung kam.
Nach vier Wochen, an einem Donnerstag kam ich aus dem Krankenhaus, aber nur weil gleich im Anschluss, eine Therapie im Reha Zentrum stattfand. Das hatte der Oberarzt verlangt. Er meinte, dass jede Stunde mit Therapie zählt.
Meine Tochter hatte am Donnerstag den 13. März Geburtstag und das feierten wir gemeinsam, in einem schönen Lokal, mit gutem Essen. Vorher ging ich noch zum Friseur, denn ich sah aus wie Struwwelpeter, denn in der ganzen Zeit im Spital achtete ich nicht auf mein Aussehen.
Ich war wieder ein kleines Stück zurück im Leben, dass genoss ich sehr und war glücklich, obwohl ich noch im Rollstuhl saß.
Ich war, aber nach dem ersten Tag in Freiheit und mit sehr viel Aktion, sehr sehr müde.
Am Montag drauf, fuhren wir Dieter und ich zwei Stunden zur Reha. Die Dame an der Anmeldung war sehr nett und erklärte mir, dass ein Rollstuhl mir ans Bett gebracht würde. Dieter nahm dann den ausgeborgten Rollstuhl mit, er musste ihn zurück bringen.
Ich war schon im Bett und wartete auf meinen Rollstuhl, damit ich aus dem Bett konnte. Da kam eine Dame und erklärten mir, sie hätten keinen Rollstuhl für mich und ich müsse bis zum nächsten Tag warten, da würde mir dann die Therapeutin einen bringen. Das war um die Mittagszeit und ich lag im Bett. Es war ganz schlimm, ich war ans Bett gefesselt, ich konnte nicht einmal aufs WC kommen.
Dieter war schon auf dem Weg nach Hause, als ich ihn anrief. Er kam zurück und machte einen riesigen Wirbel, plötzlich bekam ich einen Rollstuhl. So konnte ich mir gut selbst helfen, WC, anziehen, duschen und ins Bett gehen.
Die ganze Therapie bestand aus warten und das vier Wochen lang. Es begann am ersten Tag. Ich war um 9:00 Uhr bereit und wartete in meinem Zimmer. Mittags wurde ich von der zuständigen Ärztin untersucht, damit war der erste Tag erledigt. An den nächsten zwei Tagen kamen die einzelnen Therapeuten um mich zu untersuchen, es waren insgesamt drei und jeder brauchte eine halbe Stunde. Dann wartete ich wieder. Am Donnerstag und Freitag hatte ich dann insgesamt vier halbe Stunden Therapie, dann war gottseidank eine Woche vorbei und das Osterwochenende, ich durfte nach Hause fahren.
Also hatte ich in der ersten Woche ganze vier Stunden etwas zu tun und davon waren 2 Stunden Therapie.
Mit dem Rollstuhl den ich mit dem linken Fuß und der linken Hand antrieb, konnte ich mit sehr viel Mühe ins Kaffeehaus gelangen. Also blieb ich dann doch die meiste Zeit auf meinem Zimmer. Es war frustrierend.
Das mit dem Warten ging so weiter. In den vier Wochen wartete ich sehr viel und hatte leider nicht viele Therapien. Die Logo Therapeutin war sehr nett und ich hatte jeden Tag wenigstes eine halbe Stunde und ich lernte sehr viel und meine Sprache wurde immer besser. Ich übte auch auf meinem Zimmer weiter. Die zwei letzten Wochen las ich auch wieder viel, das war schön. Ich hatte immer ein Buch mit wenn ich zur Therapie fuhr und auf meinen Einsatz wartete.
Der Physio- Therapeut war gut. Ich hatte mir vorgenommen ohne Rollstuhl aus der Therapie zu gehen und so bemühte ich mich sehr, gehen zu lernen. Ich übte auch in meinem Zimmer weiter, ich hatte ja nichts zu tun.
Die Ergo Therapie war ein Käse, ich hatte nur drei halbe Stunden in der ganzen Woche. Die Therapeutin fing später an und hörten früher auf, sodass ich nie auf 30 Minuten kam, sondern auf 20 und davon massierte sie meine Hand 10 Minuten und 10 Minuten machten sie dann tatsächlich Greifübungen für meine Hand. Ich sollte nur greifen nach verschieden Dingen. Ich konnte keine Übung mit in mein Zimmer nehmen, um selbstständig zu Üben.
Meine Frage ist: warum die Ärzte mir ungefragt sagten, dass sie nicht wüssten, ob ich jemals wieder ganz gesund werden würde.
Ich wollte das selbst herausfinden. Warum sagten sie so etwas zu mir, wenn sie es ja doch nicht wussten. Es wäre doch besser, wenn sie gar nichts sagen würden. Ich hatte doch auch nicht danach gefragt.Ich wusste, dass das Hirn sich selbst regeneriere kann, dass nennt man Plastizität. Das kaputte Teile im Hirn umgangen werden können und das Jahre nach dem Schlaganfall. Warum also sagen die Ärzte so etwas zu mir.
Ich denke, weil sie in den vier Wochen Therapie, nie einen Patienten hatten der gesund wurde und die Plastizität reine Theorie für sie ist. Die sie zwar aus dem Lehrbuch kennen, aber das ist schon alles.
Aber ich hatte von einem Mann gehört, der mit über 60 Jahren 97 Prozent seiner Gehirn Kapazität bei einem Schlaganfall verlor und wieder einigermaßen gesund wurde.
Nett war die halben Stunde, in der Woche mit Entspannungsübungen.
Das Augentraining war zwar gut, aber ich war dabei alleine. Die Psychologin war eine sehr unausgeglichene Frau. Sie redete mit mir, als ob ich ein ungezogenes Kind wäre. Wenn ich einen Fehler machte, schrie sie mich an. Ich habe das auch dem Primararzt gesagt, ich weiß nicht, was es geholfen hat, aber sie sprach danach wenigsten normal mit mir. Ich hatte dem Primararzt auch gesagt, dass das ewige Warten und die vielen Streichungen, der wenigen schon im Wochenplan eingetragenen Therapieeinheiten, nicht in Ordnung waren.
Das viel zu wenig Platz in den Therapie Räumlichkeiten für viel zu viele Patienten war. Er hatte alles abgestritten und sich lustig über mich gemacht. Schließlich hatte ich einen Schlaganfall und war somit nicht zurechnungsfähig.
Er hatte auch vor meiner Zimmernachbarin so gesprochen, als wäre sie nicht anwesend, dabei hatte sie ihn genau verstanden, nur reden konnte sie überhaupt nicht.
Das ist ein Primararzt, toll.
Noch ein Witz war, dass ich nach vertrödelten vier Wochen bis Montag bleiben sollte, um am Montag in der Früh abzureisen. Ich hatte am Freitagmittag die letzte Therapie und dann sollte ich bis Montag warten ohne das noch irgendetwas mit mir passieren würde. Nur warten bis es Montag in der Früh war. Sie drohten mir auch, dass ich was nachzahlen müsse wenn ich früher gehe, aber das war mir egal.
Ich ging am Freitag nach Hause und ohne Rollstuhl nur mit Stock wie ich es mir vorgenommen hatte. Ich war zwar noch sehr wackelig und unsicher auf den Beinen, aber ich schaffte es von meinem Zimmer bis zu Auto zu gehen. Natürlich half mir Dieter und hielt meine Hand ganz fest, aber ich ging.
Ich ging! Das machte mir große Freude und ich lachte seit langem wieder ganz laut.
Lachen hilft ein gutes Gefühl auf zu bauen. Lachen ist sehr wichtig für dich, deine Seele, aber auch für deinen Körper. Beim richtig laut lachen werden 80 Muskeln beansprucht, vom Bauch bis zum Gesicht.
Also oft Lachen, es ist gesund.
Graucho Max hat gesagt Lachen hilft wie ein Aspirin nur schneller.
Auch Patsch Adams der Arzt der seine Patienten mit Lachen bei der Heilung half. (über sein Leben gibt es einen tollen Film mit Robin Willams in der Hauptrolle)
Achte einmal beim Lachen bewusst auf deine Gefühle.
Ich übte dann noch sehr viel, um auf allen möglichen Boden Arten gehen zu können. Nach einigen Monaten schaffte ich alle. Wiese, Steine, Sandstraßen und sogar unseren Hunde Spazierweg, der richtig buckelig war und das alleine ohne Stock und anhalten. Ich konnte zwar nicht laufen, aber dafür gut gehen.
Mein rechter Arm funktionierte einigermaßen, meine Finger machten immer nur eine Faust, außer wenn ich ganz entspannt war. Das Problem mit meinem Arm und meiner Hand war der Tonus, den bekam ich nicht weg, also krampften sich mein Arm- und Handmuskeln zusammen und schalteten meinen Arm aus. Ich konnte nichts dagegen tun. Aber ich konnte fast alles alleine, mit einer Hand.
Mein rechtes Auge war schlecht aber das linke funktioniert super. Ich könnte Autofahren mit Automatik, ich fahre aber nie mehr, da es viel zu gefährlich ist, wenn ich schlecht sehe. Mir hatte niemand verboten zu fahren, es war meine Entscheidung.
Die Sprache ist wieder voll super.
Mein Gehirn war auch komplett in Ordnung. Ich arbeitete wieder, nach einem Jahr Krankenstand, den ich von meiner Firma bezahlt bekam. Eine tolle Firma und ich arbeitete bis zum Schlaganfall sehr gerne dort.
Leider arbeitete ich nur ein Jahr, ich war in einer anderen Abteilung und dort wurde ich extrem gemoppt, von meinem neuen Chef und seinem Freund. Dieser Chef war in der Geschäftsleitung, wie ich vorher. Er sagte mir, ich soll in Pension gehen. Was ich dann machte. Ich war sehr traurig, aber nachträglich gesehen, war es sehr gut für mich.
Vorher wurde ich eingeladen, auf Grund meines 25 jährigen Firmenjubiläums, nach Las Vegas mit zu fahren. Es war super und ich erlebte mit Dieter tolle Dinge und machte alles mit.
Was lernte ich aus diesem Schicksalsschlag:
LEBEN das Leben genießen, wie es kommt. Es ist wunderschön zu leben, auch wenn nicht alles glatt läuft. Nicht zu viel Gedanken machen, was alles passieren könnte, wenn das Problem dann da ist, handeln. Sonst hätte ich mich aufgeben müssen und im Bett verkriechen, nach der Meldung des praktischen Arztes „Das kann ihnen jeden Tag wieder passieren.“
LIEBE ist sehr wichtig, ich versuche alle Menschen zu lieben. Wenn es mir, wieder erwarten, nicht gelingt, gehe ich dieser Person aus dem Weg.
Wir, die Familie, lieben uns sehr und sagen uns sehr oft, dass wir uns lieben.REDEN einfach alles sofort ansprechen, so erfährt man viel und kann dann entscheiden, was man mag oder nicht.
Ich ertappte mich, dass ich viel zu wenig mit meinem Mann sprach, ich dachte, wir kennen uns jetzt schon so lange, wir müssen nicht mehr alles bereden. Wir reden jetzt mehr und es ist sehr positiv.LACHEN ein Tag ohne Lachen ist sehr traurig.
12 Jahre später, mein 2. Schlaganfall
Am Samstag den 21.12. 2019 war bis 15:00 Uhr alles ganz normal, wir machten noch den restlichen Weihnatsputz und ich wischte den Boden auf. Dann ging ich zum PC, damit der Boden trocknen konnte. Als ich nach einer Stunde wider von meinem Sessel aufstand, hatte ich ein komisches Gefühl in den Beinen, aber sonst war nichts. Bei dem darauffolgenden Besuch der Wärmekabine, musste ich bei 23 Grad flüchten, weil mir schwindlig wurde. Danach, das Tuschen ging dann wieder gut, aber mir war ganz leicht schwindlig.
Ich ging schlafen, wachte auf, weckte Dieter und sagte zu ihm: „wie spät ist es?“ Es war 22 Uhr. Ich darauf: „jetzt müssen wir in das Krankenhaus, bitte ruf die Rettung.“ Mir war schwindelig wie vor zwölf Jahren, bei meinem 1. Schlaganfall und ich spürte meinen rechten Fuß nicht mehr, gehen war nicht mehr möglich und auch auf der linken Seite spürte ich im Arm und im Bein ein Kribbeln.
Die Rettung mit einer Notärztin, kam sehr schnell und verfrachtete mich nach kurzer Untersuchung, ins Krankenhaus. Dort in der Notaufnahme, wurde ich sehr gründlich untersucht, körperlich fehlte mir nichts und ich dachte schon, ich dürfte wieder nach Hause, weil es mir wieder ganz gut ging (der Zahnarzt Effekt, auch wenn man starke Schmerzen hatte, im Warteraum des Zahnarzt, sind sie wie weggeblasen).
Die Menschen vom Rettungswagen und in der Notaufnahme, waren sehr freundlich und nett. Dieter durfte mich sogar in die Notaufnahme begleiten.
Dann kam der Neurologe, befragte mich intensiv und forderte ein MRT an, das sofort gemacht wurde. Die Geräusche im MRT sind grausam und sehr sehr laut, trotzt Ohrstöpseln. Das MRT dauerte zwanzig Minuten. Dabei wurde ein Thalamus Infarkt rechts festgestellt. Ich wurde in die Stroke-Unit überstellt. Es war inzwischen Sonntag und 2:40 Uhr.
Bei einer Stroke-Unit handelt es sich um eine spezielle Einrichtung, in einem Krankenhaus, in der neurologischen Abteilung, mit der Möglichkeit einer sofortigen für den Schlaganfall spezifischen Diagnostik zu beginnen.
Auf der Stroke Unit wurde ich: komplett entkleidet und in ein Krankenhaus Hemd (Vorne geschlossen hinten offen) gesteckt, mit Elektroden für das EKG beklebt, an eine Infusion angehängt und dann bekam ich eine Sauerstoffbrille auf die Nase gesetzt.
Ich ließ alles mit mir geschehen. Ich hatte keine Kraft mich zu wehren, obwohl ich es sehr erniedrigend fand, dass der Krankenpfleger der einzige Mann im Zimmer, neben zwei Schwestern, mich nackt auszog und mich mit Elektroden, auf der Brust beklebte.
Als ich fertig war, durfte Dieter noch zu mir ins Zimmer kommen, er war gleich ganz fertig, weil ich an alle möglichen Geräte angeschlossen war, die blinkten und ziemlich gefährlich aussahen. Ich versuchte ihn zu beruhigen, was mir nicht so richtig gelingen wollte. Damit er abgelenkt war, gab ich ihm den Auftrag, mir verschiedene Dinge von zu Hause mit zu bringen, denn ich hatte nichts dabei nicht einmal meine Brille.
Dieter fuhr ca. um 4 Uhr mit dem Taxi nach Hause, er war ja mit der Rettung mitgefahren.
Diagnose: Passagere Gangstörung bei Thalamusinfarkt rechts.
Durchgeführte Maßnahmen: Monitoring an der Stroke Unit, regelmäßige Klinische Visite, kraniale MRT, transthorakale Echokardiogafie, EKG, Labor, Cor/Pulmo, Röntgen, Neurosonologie, der hirnversorgenden Gefäße, Physiotherapie,
Ich blieb zwei Tage in der Stroke Unit und kam dann in die neurologische Abteilung. Die netten Schwestern gaben mir noch mit, ich soll ja nicht allein zu gehen versuchen, das ist zu gefährlich und wünschten mir alles Gute.
Der Unterschied war, dass ich nicht mehr so bewacht und verhätschelt wurde.
Dort waren viel mehr Patienten und die Schwestern hatten viel weniger Zeit, also fing ich an, alles selbst zu machen.
In den Waschraum konnte ich mit meinem Rollstuhl ganz alleine kommen, ich war diesmal in einem anderen Krankenhaus, als beim ersten Mal.
Bekleiden dauerte zwar länger, aber es ging gut und ich wollte nicht mehr mit dem Krankenhaus Hemd herum fahren. Duschen, da half mir Dieter wenn er Mittags kam.
Das einzige waren die Wasserflaschen, die ich alleine nicht aufbekam und ich musste viel trinken, eine Flasche am Tag, aber da war dann immer eine sehr nette Pflegehelferin da, die half.
Ich war so froh, dass ich rechtzeitig ins Krankenhaus gefahren war und der Neurologe richtig reagiert hatte.
Schlaganfall: Anzeichen erkennen
Beim Schlaganfall zählt vor allem die Zeit. Die Folgen eines Schlaganfalls lassen sich begrenzen, wenn die Anzeichen rechtzeitig erkannt werden und die Betroffenen schnelle medizinische Behandlung im Krankenhaus erhalten. In vielen Fällen kündigt sich ein Schlaganfall schon zuvor durch charakteristische Symptome an. Typisch sind plötzlich auftretende Ausfallserscheinungen und einseitige Veränderungen – je nachdem, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Die Beschwerden sind oft vorübergehend. Diese vorübergehenden Beschwerden sind oft typische Vorboten eines drohenden Schlaganfalls.

Leider sind die Anzeichen des Schlaganfall sehr verschieden und unterschiedlich stark, sodass sie leicht übersehen werden, besonders da sie wieder aufhören können.
Bei meinen ersten Schlaganfall war es so, ich hatte am Sonntag die ersten Schwindelgefühle, da sie nicht so stark waren, verdrängte ich sie. Wer denkt schon bei leichtem Schwindel an Schlaganfall und das es sehr ernst ist.
Am Montag bei der Arbeit, war bis Nachmittag alles in Ordnung. Dann wurde mir wieder schwindelig, zu Hause war dann wieder alles in Ordnung. Am nächsten Tag war ich außer Betrieb.
Hätte ich am Sonntag schon gewusst, was passieren wird, hätte ich es wahrscheinlich besser überstanden.
Ich war bis 28. 12. 2019 im Krankenhaus, sieben Tage.
Was blieb übrig, von meinen Schlaganfällen:
- der rechte Fuß, ist wieder leicht behindert, ich kann zwar gehen, aber nicht sehr sicher und nicht weit. Laufen geht gar nicht.
- Die rechte Hand, bewegt sich bis zum Ellenbogen, aber heben kann ich sie nur bis zur Brust. Die Finger bewegen sich nur ganz wenig.
- Meine Sprache, ist wie vorher, sehr gut.
- Denken, ist sehr gut und wider normal schnell.
Trotz allem bin ich heute eine sehr glückliche Frau, ich genieße mein Leben das mir geschenkt wurde.