Unsichtbare Baumeister

Entlang des kleinen Baches, der neben der Zufahrtsstraße zu unserem Haus verläuft, hörten wir seit Jahren ein eigenartiges Plätschern, als ob jemand den Bach aufgestaut hätte. Wir dachten zunächst an spielende Kinder aus unserer Straße und beachteten es nicht weiter.
Vor einigen Wochen wurde das stark bewachsene Ufer des Baches gerodet, sodass an einem kurzen Abschnitt (ca. 100 Meter) nur noch Erde und Sand übrigblieben.
Eine Woche später, an einem Samstag, waren wir gerade in der Garage und räumten Holz für den Winter ein, als ein Auto bei der Garage stehen blieb (unser Haus liegt am Ende einer Sackgasse). Wir fragten den aussteigenden Herrn, ob wir ihm helfen könnten. Er antwortete: „Ich bin der Vizebürgermeister und muss nach den Bibern sehen. Wir haben ihre Burg entfernt, weil sie das Wasser aufstauen und es dann in die große Tulln fließt.“
Ich verstand nicht ganz, warum es ein Problem war, wenn etwas Wasser zurück in die große Tulln floss. Ich fragte ihn, ob die Biber nicht an einen Ort umgesiedelt werden könnten, wo sie niemanden stören.
Er erklärte uns, dass dies nicht erlaubt sei, da die Biber geschützt seien. Das überraschte mich, da für mich das Entfernen der Burg mehr Ärger zu verursachen schien, als die Biber an einen anderen Ort zu bringen, an dem sie ungestört leben könnten.
Dann schaute er über den Rand des Baches hinab. Es waren immerhin zwei Meter von der Straße bis zum Bach. „Unglaublich, wir haben erst am Mittwoch die Burg entfernt, und jetzt haben die Biber alles wieder aufgebaut.“
Danach fuhr er weg.
In der nächsten Woche verschwand die Burg erneut, aber schon zwei Tage später war sie wieder da.
In der folgenden Woche kamen Arbeiter mit einem großen LKW und einem Kranarm, um die Burg erneut zu entfernen. Am nächsten Tag war sie wieder da.
Die fleißigen Tiere sahen wir nie, aber ihre Burg war stets präsent.
Heute Morgen um 4:30 Uhr, noch in der Dunkelheit, hörten wir lautes Platschen, als ob jemand Baumstämme ins Wasser wirft.
Dort waren sie, die fleißigen Baumeister.